15 September - 10 October 2020
Wie Farbe Gesellschaft verdaut
kuratiert von Gerlind Zeilner
mit Arbeiten von
Uli Aigner
Peter Barrickman
Herbert de Colle
Bernhard Frue
Monika Grabuschnigg
Hedya Klein
Isa Schmidlehner
Heimo Wallner
Christina Zurfluh
LIVE: MÄUSE
Dj Tex Rubinowitz
“Alle Bevölkerungen sind multinationale Organismen”, sagt Uli Aigner, und fertigt riesige Buntstiftzeichnungen an, in denen sie die Flaggen verschiedener Länder in Pflanzenformen hineinverwebt, welche wiederum nicht direkt der Natur entnommen sind, sondern sich von Karl Blossfeldts Pflanzenfotos herleiten, für die er die Pflanzen ordentlich zurechtgestutzt und -gebogen hat, bevor er sie fotografierte.
Diese kritisch-ästhetischen Flaggenzeichnungen bringt Uli Aigner in Form von Plakaten rund ums fluc an. Ein Verweis auf die politisch vieldiskutierte Umgebung des fluc am Praterstern, wo Menschen oft auf erniedrigende Weise auf ihre Herkunft reduziert werden.
Christina Zurfluh zeigt an der Außenwand des fluc eine riesige Wandmalerei, die sie mit Leim von einem im Atelier entstandenen Bildentwurf in Originalgröße direkt auf die Wand übertragen hat.
Zurfluh beschäftigt sich seit vielen Jahren mit technischen Verfahren, bei denen die Malerei nicht als Primamalerei auf die Leinwand aufgetragen wird, sondern erst nach dem Auftragen vieler Farbschichten und deren teilweiser Entfernung erscheint.
Bernhard Frue stellt in der Wanne Aluplatten aus, die mit Leuchtfarbe bestrichen sind und von hinten beleuchtet werden. Es sind darauf je zwei sich überkreuzende Textzeilen mit sehr direkter Sprache und Inhalt gezeigt, aus denen sich die Kreuzform des Bildes ergibt, die sich wiederum auf die Rezeption der Texte auswirkt.
Monika Grabuschnigg thematisiert in ihren Installationen aus farbig glasierten Keramikfiguren die Unverbindlichkeit menschlicher Beziehungen, die über Internet-Plattformen entstehen.
Im fluc zeigt sie an der Außenwand übers Eck zwei Plakate. Auf den Plakaten sind Teile von zerstörten Autos zu sehen, z.B. auf dem Foto “Crash Simulation” deformierte Autoteile, die durch ihre Demolierung skulptural wirken.
Isa Schmidlehner hat in ihrer Malerei eine sehr eigenwillige Farbigkeit entwickelt.
Oft beschäftigt sie sich in ihren Bildern mit historischen Persönlichkeiten, meistens in Form von Frauenportraits.
In der Wanne ist von ihr das Malereiobjekt Ingeborg, meine Liebe zu sehen, das sich auf den Briefwechsel von Ingeborg Bachmann und Paul Celan bezieht.
An der Vorderseite des fluc zeigt sie noch das Plakat Liebe Grüße aus den Alpen.
Heimo Wallner geht in seinen Filmen von einem reichen zeichnerischen Werk aus, in dem er seine Phantasien, Ängste und Gesellschaftskritik verarbeitet. Er spielt auch als Trompeter in verschiedenen Formationen und gestaltet immer wieder beim Sound seiner Filme als Musiker mit.
Von ihm sind die Animationsfilme R.I.P., 2013 mit Musik von Heimo Wallner, Maja Osojnik, Ron Rost und Martin Zrost und condition II, 2017 mit Musik von Maja Osojnikund Ohne Worte, 2019, zu sehen.
Herbert de Colle verteilt die Serie Emotion, eine Gruppe von aus verschiedenfarbigen Klopapieren hergestellten Pappmaschee-Objekten, die Assoziationen zu Emojis erweckt, in verschiedenen Räumen. “Ihnen gemeinsam ist die Wiedererkennbarkeit als jenes Kreissymbol mit zwei Punkten und einem Bogen darunter, das seit seiner Erfindung durch den amerikanischen Grafikdesigner Harvey Ball 1963 zum universell les- und einsetzbaren Kommunikationstool geworden ist.” (H. de Colle)
Von Hedya Klein ist eine Malerei, die aus vielen kleinen Leinwandstücken zusammengeklebt ist, freischwebend im Raum angebracht. Die Kompliziertheit dieser Technik geht mit einer Großzügigkeit in der Malweise einher, die zu einer monumentalen Erscheinung der dargestellten Landschaft führt.
Peter Barrickman, eigentlich Maler, zeigt im fluc das Video Biker.
“In this work, springtime on earth at the outset of a global pandemic finds great beauty mingled with anxiety. Milwaukee´s rain drenched architectural remnants remind us of the city´s previous life as a major manufacturing center. A group of cyclists stage a public meditation as musical soloists, playing alone and periodically joining the ensemble for a phrase in unison. Dialogue is borrowed here from a flawed auto-transcription of a relaxation session recorded at an assisted living facility in a nearby suburb. The call for wholeness, though broken at times, clearly casts an appreciation of the physical present to a synchronous future/past.”(P.Barrickman)
Barbouille Hymn ist eine Gruppe von Künstlern aus Milwaukee, die Musik und Videos machen. Die Musik für das Video Biker entstand in Aufnahmesessions über Zoom-Meetings.
In der Zusammenstellung der künstlerischen Positionen sollen in der Kubatur des Kabinetts Wie Farbe Gesellschaft verdautAuswirkungen von gesellschaftlichen Strukturen auf individuellen Farbgebrauch der KünstlerInnen exemplarisch ausgelotet werden.
Text: Gerlind Zeilner